Seit Jahren fahren nun die Castor-Behälter nach Gorleben. Ins Zwischenlager. Oder Endlager? Ja, wo fahren sie eigentlich genau hin, wenn sie nach Gorleben fahren? Wo sind sie, wenn sie nach den Protesten „ihr Ziel erreicht“ haben? Wo genau sind sie dann? Und wie lange bleiben sie da? Nicht wenige Menschen wundern sich, wenn sie mal genauer nachfragen.

Irrtum 1: Die Castor-Behälter werden in Gorleben in einem alten Salzstock eingelagert.

FALSCH: Die Castor-Behälter stehen überirdisch in einer Kühlhalle, dem sogenannten „Transportbehälterlager Gorleben“ – und das ist nicht mal auf demselben Gelände wie der Salzstock, der als Endlager diskutiert wird.

Bisher ist kein einziger Castor im Salzstock. Kein einziger Castor unter der Erde. Die Behälter strahlen munter in der Halle. Und sie werden dort noch bestimmt 30 Jahre stehen.

Irrtum 2: Das Zwischenlager Gorleben könnte Endlager werden.

FALSCH: Es hält sich hartnäckig das Gerücht, das „Zwischenlager“ Gorleben könnte einmal „Endlager“ werden. Das ist ausgeschlossen. Das Zwischenlager ist eine Kühlhalle. Das mögliche Endlager ein Salzstock. Die Halle wird niemals Endlager werden. Zwischenlager und Endlager sind zwei völlig verschiedene Orte.

Bisher ist nicht entschieden, ob der Salzstock überhaupt jemals ein Endlager werden kann. Offiziell heißt der Salzstock „Erkundungsbergwerk“ und derzeit wird überhaupt erst erforscht, ob sich Gorleben als Endlager eignen würde, was hoch umstritten ist. Die Castor-Behälter werden trotzdem schonmal in der Nähe gelagert. Die Idee: Wenn die Bevölkerung erstmal glaubt, die Behälter wären sowieso schon im Salzstock, und man bräuchte diesen nur noch von „Zwischenlager“ in „Endlager“ umbenennen, dann ist der Willen in der Bevölkerung vielleicht größer.

Irrtum 3: Wird der Salzstock genehmigt, werden die Behälter eben einfach in den Salzstock umgelagert.

FALSCH: Die Castor-Behälter werden noch ca. 30 Jahre überirdisch in der Halle gelagert sein. Denn bei der Einlagerung hat der Atommüll eine Temperatur von etwa 400 Grad Celsius. (es heißt, auf Castor-Behältern kann man Spiegeleier braten). Erst wenn der Müll nach einer Dauer von 20 bis 30 Jahren durch die nachlassende Aktivität auf etwa 200 Grad abgekühlt ist (=ausgestrahlt ist), wäre eine eventuelle Einlagerung in einem Salzstock theoretisch überhaupt möglich.

Bisher gibt es kein Verfahren, wie man den Atommüll überhaupt in den Salzstock bekommen könnte. Das technische Verfahren dafür muss in den nächsten 30 Jahren erst noch entwickelt werden. Denn die Castor-Behälter sind definitiv zu groß. Um den Müll umzulagern, müssten die Castor-Behälter geöffnet und der Atommüll in kleinere Behälter umgelagert werden. Und wie das gehen soll, weiß bisher niemand genau.

Hierzu wird in der Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben geforscht.

Verwirrspiel mit dem Atommüll

Castor GorlebenÜberrascht? Keine Sorge: Bestimmt 70% aller Deutschen glauben, der Atommüll würde in Gorleben unterirdisch in einem Salzstock gelagert. Wird er aber nicht. Selbst Politiker versprechen sich (ausversehen) mal und behaupten, es würde geprüft „…ob das Zwischenlager als Endlager geeignet sei“. Und so entstehen ganz falsche Bilder.

„Die Republik außerhalb des Wendlands glaubt offenbar, die Castoren seien unter der Erde. Ich vermute sogar, der größte Teil der Republik glaubt, Zwischenlager und Endlager seien identisch (Salzstock). Sie glauben wahrscheinlich: Das Zwischenlager heißt nur deshalb Zwischenlager, weil es als Endlager noch nicht genehmigt ist. Und gemeint ist immer der Salzstock. Eine grüne, überirdische Blechhalle (es sieht aus wie Blech) kommt da gar nicht vor“, schreibt Andreas Maier in einem grandiosen Artikel in der Zeit.

Zwischenlager, Endlager, Salzstock – nur drei Worte, aber viele Missverständnisse. Was ist, wenn Gorleben nicht als Endlager genehmigt wird? Und gibt es diese Option überhaupt noch? Und wenn du im Wendland wohnen würdest, wie würdest du dich mit dem Gedanken fühlen, das nebenan in einer Kühlhalle tonnenweise Atommüll rumstehen?

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3 Responses

  1. Helga Ahrens

    Die Aussage: „Das technische Verfahren dafür muss in den nächsten 30 Jahren erst noch entwickelt werden“ ist definitiv falsch. Sowohl die Streckenlagerung als auch die Bohrlochlagerung im Verbund mit den Transporten von Über- nach Untertage sind fertig entwickelt. Die Pilotkonditionierungsanlage hat damit recht wenig zu tun.

    Antworten
  2. Gina Newald

    Hallo
    ich vermute sogar, dass der Castor nur ganz wenig Atommüll beinhaltet, denn wenn er endgültig gestoppt werden würde, was könnte dann alles damit geschehen, außer Strahlung? Einige „Studierte“ wüssten da schon was.
    Im Sternzeichen Zwilling gibt es Castor und Pollux, es sind Zwillinge und so denke ich, während gegen Castor demonstriert wird, rollt ganz woanders Pollux mit dem ganzen Strahlemüll irgendwo hin. Oke, vielleicht verrückt, vielleicht aber auch nicht.
    Aber sonst Danke für diesen Artikel

    Antworten

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