Plastic Planet – Leben im Plastikzeitalter

Plastic PlanetWir leben in einer Plastik-Welt: Fast alles um uns herum enthält in der einen oder anderen Form Kunststoffe und es gibt keinen Industriezweig mehr, der nicht auf sie angewiesen wäre. Plastik ist billig und praktisch: Wir sind alle Kinder des Plastikzeitalters. Aber Kunststoffe können bis zu 500 Jahre in Böden und Gewässern überdauern und mit ihren unbekannten Zusatzstoffen unser Hormonsystem schädigen. Wussten Sie, dass Sie Plastik im Blut haben?

Regisseur Werner Boote zeigt in seinem Kinodokumentarfilm „Plastic Planet“, dass Plastik zu einer globalen Bedrohung geworden ist. Er stellt Fragen, die uns alle angehen:

Warum ändern wir unser Konsumverhalten nicht? Warum reagiert die Industrie nicht auf die Gefahren? Wer ist verantwortlich für die Müllberge in Wüsten und Meeren? Wer gewinnt dabei? Und wer verliert?

 

Plastik wächst uns über den Kopf

Plastic PlanetDie Menge an Kunststoff, die wir seit Beginn des Plastikzeitalters produziert haben, reicht bereits aus, um unseren gesamten Erdball sechs Mal mit Plastikfolien einzupacken. Weltweit werden im Jahr fast 240 Millionen Tonnen Kunststoffe aus rund vier Prozent der weltweiten Erdölproduktion hergestellt – die Plastikindustrie macht damit rund 800 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr.

Die Welt droht zunehmend angesichts dieser Mengen in Plastikmüll zu ertrinken, denn die Kunststoffe verrotten nicht und überdauern zum Teil bis zu 500 Jahre. Besonders hart trifft es die Ozeane:

Rund 6 Millionen Tonnen, gelangen über Flüsse in die Ozeane, bis zu 18.000 Plastikteile treiben in jedem Quadratkilometer der Weltozeane. Östlich von Hawaii hat sich in der im Uhrzeigersinn drehenden Meeresströmung des Pazifiks ein gigantischer Müllwirbel gebildet, in dessen Zentrum drei Millionen Tonnen (!) Plastikmüll rotieren. Selbst wenn die Menschheit morgen damit aufhörte, Plastik zu produzieren – die vielen Millionen Tonnen, die bislang in die Ozeane gelangt sind, werden noch Jahrtausende mit den Strömungen um die Welt treiben.

 

Jeder Mensch hat Plastik im Blut

Das hat nicht nur indirekt Einfluss auf den Menschen: Bereits jetzt ist 6x mehr Plastik als Plankton im Meer. Die winzigen Teile werden von den Fischen gefressen und gelangen so in den Blutkreislauf. Der Mensch hat bereits messbare Mengen Bisphenol A im Blut.

PET-FlaschenAuch wer keinen Fisch isst, hat Plastik-Chemikalien in den Venen. Das kommt vor allem durch Plastik-Verpackungen und PET-Flaschen. Die Schädlichkeit der Plastik-Flaschen ist bekannt, trotzdem ist am Kiosk kaum mehr etwas anderes zu bekommen. Dabei beweisen zahlreiche Studien, dass sich verschiedene Chemikalien aus dem Kunststoff lösen, und im menschlichen Körper wie Hormone wirken – was den Stoffwechsel komplett durcheinander bringt. Dadurch können sie gravierende Gesundheitsschäden verursachen, von Allergien und Fettleibigkeit bis hin zu Unfruchtbarkeit, Krebs und Herzerkrankungen. Auch die verfrühte Geschlechtsreife junger Mädchen wollen manche Forscher auf Plastik-Chemikalien zurückführen.

 

Jahrelange Recherche

KunststoffRegisseur Werner Boote trat mit dem Thema Plastik nach bereits jahrelangen Recherchen im Sommer 2003 an Produzent Thomas Bogner heran und brauchte dann nochmal vier Jahre um das Drehbuch auszuarbeiten und die teure Produktion finanziert zu bekommen: Gedreht wurde dann von Frühjahr 2007 bis Frühjahr 2008, die Postproduktion dauerte nochmals annähernd ein Jahr.

Eine großangelegte Geschichte also: Nach mehrjährigen Recherchen, nach Reisen, die von Innsbruck bis in die marokkanische Sahara, von Venedig bis in den Pazifischen Ozean, von Deutschland bis nach China, Indien und Japan geführt haben, hat Werner Boote 700 unabhängige Studien gesammelt, welche die Schädlichkeit von Plastik beweisen. Sowie 10, die dagegen halten – und allesamt von der Industrie in Auftrag gegeben wurden.

 

Das Ende des Plastik-Traums

Bootes Film ist die wohl bisher umfassendste Behandlung des Themas und zeigt deutlich, dass der Plastik-Traum ausgeträumt ist und wir dringend nach Alternativen suchen müssen. In nur zwei Generationen ist Plastik von einer großen Hoffnung zu einem massiven Problem geworden. Das spiegelt sich auch sehr schön in der Familiengeschichte des Regisseurs. Bootes Großvater war in den 60er Jahren noch Geschäftsführer der deutschen Interplastik-Werke und war sich sicher: Das Plastik-Zeitalter wird die Lebensqualität der Menschen erheblich verbessern. Heute fragt sich sein Enkel, ob das tatsächlich der Fall ist. „Auf dem Weg ins Krankenhaus, wo sie zur Chemotherapie oder Strahlentherapie gegen ihren Krebs fahren, werden sie sich genau das fragen“, meint der Biologe Fred von Saal in „Plastic Planet“.

Manchem wird es wohl so gehen, wie es der Untertitel des Films verspricht:
„Wenn Sie diesen Film gesehen haben, werden sie nie wieder aus einer Plastikflasche trinken.“

Hier geht zur Website des Films.

 

Bilder: Plastic-Planet.at

 

Unterstütze SEIN

Vielen Dank an alle, die den Journalismus des SEIN bisher unterstützt haben.
Die Unterstützung unserer Leser trägt dazu bei, dass wir unsere redaktionelle Unabhängigkeit behalten und unsere eigene Meinung weiter äußern können. Wir sind sicher, dass unsere redaktionelle Arbeit und unsere Themenvielfalt und Tiefe den gesellschaftlichen Wandel beflügeln. Wir brauchen Deine Unterstützung, um weiterhin guten, kreativen "Lösungs-Journalismus" zu liefern und unsere Offenheit zu wahren. Jeder Leserbeitrag, ob groß oder klein, ist wertvoll. Wenn Du unsere Arbeit wertschätzt, unterstütze SEIN noch heute - es dauert nur wenige Minuten. Vielen Dank.
SEIN unterstützen





Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*