Menschen mit Demenz leben in innerer Isola­tion. Klangschalen können hier Begegnungen von Mensch zu Mensch unterstützen, indem sie körperlich entspannen und die Betroffenen für eine Kommunikation ohne Worte öffnen: Mit Klang Brücken bauen.

 

Klangschalen sind aus dem Wellness- und Entspannungsbereich bekannt, wo sie zum Beispiel in Form von Klangmassagen genutzt werden. Bei dieser Methode, wie sie Peter Hess 1984 entwickelt hat, werden Therapieklangschalen auf dem bekleideten Körper positioniert und sanft angeschlagen. Nicht nur körperliche Verspannungen können sich durch die sanften Klangschwingungen lösen, die harmonischen Klänge beruhigen auch den Geist – Regeneration auf allen Ebenen kann geschehen. Davon profitieren auch Menschen mit Demenz. Ihre Lebenssituation ist oft von Unsicherheit, Desorientierung und Ängsten geprägt. Wie wohltuend sind da Angebote jenseits von Worten, die eine Atmosphäre von Geborgenheit und Sicherheit schaffen. Die Betroffenen können sich entspannen und Ruhe finden. In diesem „spürbaren Kontakt“ ist es möglich, dass sich Ängste, Unsicherheiten und körperliche Verspannungen abbauen, was sich nicht nur auf die Lebensqualität und den Kontakt mit Mitmenschen, sondern auch auf die allgemeine Gesundheit positiv auswirkt.

 

Lebensqualität steigern 

Der wertschätzende Grundsatz der Akzeptanz innerhalb der Klangarbeit und die Einfachheit der Klänge ermöglichen einen direkten Zugang zu den Betroffenen, wobei das Hören und Spüren im Vordergrund stehen. Dabei muss es nicht immer eine Klangmassage sein, bereits kleine Klangübungen von nur wenigen Minuten können als Form der basalen Stimulation gezielt zur Anwendung kommen und die verschiedenen Sinne ansprechen. Die Aktivierung der Sinne schlägt eine Brücke in die Welt der Demenzkranken und nicht selten tauchen aus dem Körpergedächtnis Erinnerungen auf. Klang kann so einen Zugang zu den Demenzkranken eröffnen, auch wenn Worte nicht mehr möglich sind. 

Dabei zielen die Klangmethoden mit ihrem ressourcenorientierten Ansatz nicht auf Heilung, sondern ermöglichen Wahrnehmungserfahrungen, Körpererleben, Entspannung und Wohlbefinden und letztlich eine Steigerung der Lebensqualität. Über dieses Erleben wird Selbstbestimmung (wieder) möglich, Ängste und Unbehagen weichen Gefühlen von Vertrauen, Sicherheit und Geborgenheit. Dies wird gerade auch von den Angehörigen als sehr entlastend empfunden. Eine Begegnung jenseits der Erkrankung kann stattfinden – von Mensch zu Mensch.

 

Zugang zum Unerreichbaren

Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt Mathilde Tepper, Dipl. Sozialpädagogin, Musikgeragogin und Mitentwicklerin der Fortbildung Peter-Hess-Klangexperte Demenz:

„Frau M., von einer fortgeschrittenen Demenz-Erkrankung betroffen, ist eine dieser körperlich zarten alten Damen, die wenig auffallen und sich still verhalten. Sie sitzt meistens ganz in sich versunken in ihrem Sessel, spricht so gut wie gar nicht mehr und wenn, dann redet sie, nach Auffassung ihrer Umgebung, wirres Zeug. Wird sie angesprochen, wendet sie einem ihre großen braunen Augen zu, aber schaut einen eigentlich nicht wirklich an. Wenn ich mit den Klangschalen zu ihr komme, ist das anders. Sie lächelt, sobald sie die Schalen sieht, und nimmt echten Blickkontakt auf. Sie genießt es sehr, wenn die Klangschale auf ihren Handflächen steht, von mir sanft angeklungen wird und der Klang und die Schwingung sich entfaltet. In vielen unserer Begegnungen sitzt Frau M. dann einfach nur da, lächelt versonnen, sagt „schön“, schließt die Augen und genießt ganz offensichtlich. An einem Tag war es dann anders. Da sagte sie mit einem Mal: „Davon wird das Herz warm. Das mag ich viel lieber als den Krach, der hier immer ist. Ich mochte es noch nie, wenn es so laut ist und die Menschen sich streiten.“ Wir führten ein Gespräch über das, was einem so alles gut tut. Frau M. ist ein Beispiel von vielen, bei denen mir der Einsatz der Klangschalen und der Klangmassage einen Zugang zum ‚Unerreichbaren‘ ermöglicht hat.“

 

Den Pflegealltag erleichtern

Die vielfältige Wirkung der Klänge setzt sich aber auch im Pflegealltag fort. Die Sozialmanagerin und Palliativexpertin Rosemarie Bleil berichtet: „Die Klangschalen lassen sich einfach und effektiv in den Pflegealltag integrieren. Die positiven Auswirkungen auf Schlafverhalten, Schmerzen und Medikamentengabe überzeugen auch Einrichtungsleitungen. Dazu kommt, dass oft auch ein Rückgang der Krankheitsquote beim Pflegepersonal verzeichnet werden kann.“ Die Mitentwicklerin der am Peter-Hess-Institut angebotenen Fortbildung zum Peter-Hess-Klangexperten Demenz weiß aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Pflege, dass auch die oft notwendige Lagerung im entspannten Zustand behutsamer und für alle Beteiligten angenehmer erfolgen kann und die Klänge zum Beispiel auch in der Sturzprävention effektiv genutzt werden können.

Ähnliche Erfahrungen konnte die Station für Gerontopsychiatrie des AWO Fachkrankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Neurologie in Jerichow machen. Auch hier ist die Arbeit mit den Klangschalen fester Bestandteil der täglichen Arbeit geworden. Positive Wirkung haben die Klangschalen gerade auch bei unruhigen Patienten auf der Station. „Ihre Aufmerksamkeit wird auf den Klang gelenkt“, kann Dr. Claudia Glöckner, Oberärztin der Station und in Peter-Hess-Klangmethoden ausgebildet, berichten. „So können sich die Patienten rasch wieder beruhigen.“

Info und Kontakt: www.peter-hess-institut.de, www.fachverband-klang.de, www.verlag-peter-hess.de

Klanginitiative BerlinBrandenburg: www.phi-berlinbrandenburg.de

 

Fortbildung Demenz:

Klangmassage I: ­Näheres auf www.peter-hess-institut.de 

Demenz I – Lebensqualität mit allen ­Sinnen fördern – Brieselang bei Berlin am 30.5.-1.6.2014

Demenz II – wo ­Worte fehlen – Klang als Brücke – Brieselang bei Berlin am 24.-26.10.2014

weitere Termine und Infos auf www.peter-hess-institut.de

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